Arbeitgeber können bei der betrieblichen Altersvorsorge schnell in die Haftung geraten
Risiken der betrieblichen Altersvorsorge und Haftungsbeispiele aus der Praxis
Wo steht Ihr Unternehmen in puncto Haftungsrisiken aktuell? Haben Sie ähnliche Themen in Ihrem Unternehmen, wie die hier aufgeführten?
Unwissenheit schützt auch in der betrieblichen Altersversorgung vor Strafe nicht
Durch das wurde klargestellt, dass Arbeitgeber auch in der betrieblichen Altersversorgung bei Verletzung ihrer Informationspflichten und für Fehler der von Ihnen eingesetzten Versicherungsvermittler (bzw. Erfüllungsgehilfen) haften müssen.
LAG Hamm vom 06.12.2017 – 4 Sa 852/17
Arbeitgeber haften für schlechte Renditen
Arbeitgeber haften, wenn ein bAV-Träger, etwa ein Versicherungsunternehmen oder eine Pensionskasse, seine Leistungen satzungsgemäß herabsetzt. Durch das anhaltende Niedrigzinsniveau muss bald so gut wie jeder Arbeitgeber mit bAV-Zusagen damit rechnen. Vermittler behaupten gerne, dass die Auslagerung einer Versorgungszusage auf externe Träger der bAV (z.B. Pensionskasse, Pensionsfonds, Direktversicherung) den Arbeitgeber aus seiner Verantwortung entlässt. Das Gegenteil ist richtig.
Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 19.06.2012 (Az. 3 AZR 408/10). Der Arbeitgeber haftet gleichwohl für die Erfüllung der Zusage, § 1 I 3 BetrAVG.
Nachschusspflicht des Arbeitgebers bei vorzeitiger Kündigung
Die XY GmbH hatte 2002 für ihren Mitarbeiter Herrn S. eine betriebliche Altersversorgung mittels Entgeltumwandlung eingerichtet, in die Herr S. bis zum Ende des Dienstverhältnisses (2005) in Summe 6.200 Euro eingezahlt hatte. Beim Ausscheiden erhielt Herr S. von der XY GmbH den Rückkaufswert der Versicherung i. H. von ca. 660 Euro als Abfindung. Herr S. verklagte daraufhin die XY GmbH auf Zahlung des Differenzbetrages i. H. von 5.540 Euro; ein Betrag der durch Abschluss- und Verwaltungskosten und ungünstiger Versicherungsentwicklung aufgebraucht worden war. Vor Gericht bekam Herr S. Recht und die XY GmbH musste diesen Betrag an Herrn S. zahlen.
BAG, Urteil vom 15. September 2009 ¬– Az. 3 AZR 17/09
Arbeitgeber muss Rentenerhöhungen zahlen, wenn die Versicherung nicht in der Lage ist
Die Arbeitnehmer der XY GmbH waren bereits einige Jahre im Ruhestand und erhielten die Betriebsrente ihres ehemaligen Arbeitgebers von dessen Pensionskasse. Aufgrund schlechter Kapitalanlageentwicklung war die Pensionskasse ab 2008 nicht mehr in der Lage, die vertraglich zugesicherten Rentenerhöhungen durchzuführen. Vor Gericht konnten die Rentner erwirken, dass die XY GmbH für die Pensionskasse einspringen und die mehreren 10.000 Euro umfassenden Rentenerhöhungen leisten musste.
BAG Urteil vom 30. September 2014 – 3 AZR 617/12 - Hess. LAG, Urteil vom 3. März 2010 ¬– 8 Sa 187/09
Bei Minderleistung der Versicherung steht der Arbeitgeber ein
Bei ihrem Diensteintritt 2001 in die XY Steuerberatung wurde der fondsgebundene Direktversicherungsvertrag von Frau W. übernommen. Als sie 2009 65-jährig in den Ruhestand ging, fiel aufgrund der damals schlechten Wirtschaftslage die Leistung ihrer Direktversicherung um 11.300 Euro geringer aus, als vertraglich vereinbart. Da die XY Steuerberatung durch die Übernahme dieser Versicherung voll in die Pflichten dieses Vertrages eingetreten war, blieb ihnen nichts anders übrig, als die Differenz an Frau W. zu begleichen.
Trotz Berufsunfähigkeitsversicherung muss der Arbeitgeber für die Berufsunfähigkeitsrente einstehen
Die betriebliche Altersversorgung der XY AG sah im Falle einer Berufsunfähigkeit von Herrn M. eine Berufsunfähigkeitsrente i.H. von mtl. 2.000 Euro vor. Als Herr M. schließlich 2011 aufgrund eines Sportunfalls berufsunfähig wurde, verweigerte die abgeschlossene Berufsunfähigkeitsversicherung die Leistung. Grund der Verweigerung sind nach Ansicht der Versicherung Falschangaben bei den vorvertraglichen Gesundheitsfragen. Herr M. und die XY AG sind nicht dieser Ansicht, so dass bis heute die XY AG mit eigenen Kosten gegen den Versicherer auf Zahlung der Leistung prozessiert. Unabhängig davon, ob ggf. die Versicherung noch leisten wird, die XY AG muss laut vertraglicher Vereinbarung die Berufsunfähigkeitsrente selbst zahlen.
Doppelte Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitgebers wegen Falschberatung in der bAV
Bei der Bauunternehmen Jürgen H. wandelten einige der gewerblichen Mitarbeiter Entgelt zugunsten einer betrieblichen Altersversorgung um. Bei einer Sozialversicherungsprüfung wurde festgestellt, dass die Mitarbeiter tarifliche Entgelte für die Umwandlung verwendet haben, was jedoch laut des allgemeinverbindlichen Tarifvertrages nicht zulässig war. In Konsequenz musste das Bauunternehmen alle auf die bisherigen Entgeltumwandlungen ersparten Sozialversicherungsentgelte (mittlerweile mehrere 1.000 Euro) nachzahlen, ohne jedoch die Versorgungszusagen widerrufen zu können und blieb damit auf den zusätzlichen Kosten sitzen.
Verletzung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz als Arbeitgeber-Risiko
Herr K. war genau wie Kollege Z. als Unternehmensberater mit identischem Aufgabengebiet bei der Unternehmen Erfolg GmbH beschäftigt. Im Gegensatz zu Herrn K. war Herr Z. mit einer großzügigen betrieblichen Altersversorgungszusage ausgestattet. Kurz vor dem Eintritt in den Ruhestand erfuhr Herr K. von dieser betrieblichen Versorgungszusage des Kollegen Z. und forderte unter Berufung auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) selbiges vom Arbeitgeber ein. Die Unternehmen Erfolg GmbH wehrte sich zunächst gegen diese Forderung, musste sich dann jedoch einem Gerichtsurteil beugen und für Herrn K. die betriebliche Altersvorsorge nachfinanzieren.
BAG, Urteil vom 11. Dezember 2007 – 3 AZR 249/06
Fazit: Drum prüfe, wer sich ewig bindet. Dies gilt nicht nur für Partnerschaften, sondern oder auch gerade im Themenbereich der betrieblichen Altersvorsorge, wie Sie sich bei den Fallbeispielen aus der Praxis überzeugen konnten. Kontaktieren Sie mich gern für ein unverbindliches Gespräch und nutzen Sie so unsere langjähriger Erfahrungen.